Landtagskandidatin Kaenders: Ein Punk geblieben

NRZ, Thomas Wittenschläger

DIE LINKE. NRW

In Gabriele Kaenders Küche hängt der Himmel voller Töpfe und Pfannen. Das sieht gemütlich aus und ist, bei wenig Platz für Schränke, schlicht praktisch. Jetzt steht die Landtagskandidatin der Linken in ihrer Wohnung in Hochstraß am Herd vor einem Riesentopf und findet - rührend, quasi - den Weg zu ihrem Thema: „Heute koche ich politisch“, grinst sie und zeigt auf die Zutaten: Rote Tomaten, rote Peperoni, grüne Petersilie.

Zusammen wird das einen großen Pott Tomatensuppe ergeben, sehr wahrscheinlich sehr lecker, denn Gabriele Kaenders und Ehemann Wolfgang legen Wert darauf, dass kein Instantkram auf den Tisch kommt, sondern frisch gekocht wird. Ob Rot, Rot und Grün nach der Wahl am 9. Mai so harmonisch zusammenfinden werden? Die Kandidatin zuckt mit den Schultern: „Ich weiß es nicht.“

Gabriele Kaenders ist die Koalitionsfrage auch nicht so wichtig: „Wir liegen in den Umfragen bei sechs bis sieben Prozent. Ich geh’ davon aus, dass wir’s in den Landtag schaffen.“ Das sei nicht anders als im Rat der Stadt Moers, wo die 58-Jährige seit 2004 den Vorsitz der Fraktion Offene Linke Liste hat. Im Parlament bekomme die Partei bessere Möglichkeiten, sich für ihre Ziele Gehör zu verschaffen. Als da wären: Weg mit Hartz IV, 30-Stunden-Woche, Vergesellschaftung der Energiekonzerne Eon und RWE, Schluss mit der Privatisierung, raus aus Afghanistan.

Gabriele Kaenders selbst wird die Plattform Landtag nicht nutzen. Sie hat weder die Illusion noch den Ehrgeiz, den Wahlkreis Moers/Neukirchen zu gewinnen und besitzt auch keinen Platz auf der Landesliste ihrer Partei. Plakate mit ihrem Bild findet man deshalb nicht: „Das wäre rausgeschmissen’ Geld.“ Allerdings sorgt sie an Infoständen und bei Podiumsdiskussionen für Präsenz: „Ohne eigene Kandidatin würden wir Linken dort doch nicht stattfinden.“

Gabriele Kaenders sagt von sich selbst, dass sie schon früh ein politischer Mensch war, wie viele ihrer Generation in Opposition zum strengen Elternhaus. Sie demonstrierte gegen den Vietnam-Krieg, trat Anfang der 70er Jahre „wegen Willy Brandt“ in die SPD ein. Dass sie ihr Parteibuch 20 Jahre später zurückgab, hatte eher persönliche Gründe. Die Hartz IV-Beschlüsse gaben den Anstoß, dass sie sich Ende der 90er Jahre zuerst bei der Offenen Linken Liste, dann bei der PDS und schließlich bei der Links-Partei engagierte. „Ich habe im Freundeskreis erlebt, wie das ist, wenn man sich nix mehr erlauben kann. Alle Rücklagen gehen weg. Sie können auch ihren Kindern nichts mehr bieten. Empörend!“, findet Kaenders.

Inzwischen hat eine schwere Krankheit sie dazu gezwungen, ihren Beruf als Finanzbeamtin nach 31 Jahren aufzugeben, sie ist jetzt Frührentnerin. Diese Ratsperiode sei definitiv ihre letzte, erklärt sie denn auch, obwohl ihr die Ratsarbeit spürbar Spaß macht. „Anfangs konnte ich ohne Konzept nicht öffentlich sprechen“, sagt sie. Das hat sich geändert. Gabriele Kaenders ist auch jetzt keine Meisterin des geschliffenen Wortes, aber Worthülsen kommen bei ihr nicht vor, sie formuliert verständlich, ihre Beiträge erreichen mitunter kabarettistische Qualität.

Was wohl auch ihren 16 Jahre alten Neffen zu einem Satz veranlasste, den Gabriele Kaenders allzu gern widergibt: „Mensch Tantchen, Du bist doch ein Punk geblieben."