Haushaltsrede 10.12.2024: Die Linke im Rat der Stadt Wesel lehnt Haushalt 2025 ab!

Linksfraktion Wesel. Barbara Wagner. Fraktionssprecherin.

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Westkamp,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Rates,

meine Damen und Herren,

 

als erstes bedanke ich mich auch im Namen meiner Fraktion bei den Mitarbeitenden der Verwaltung für die Aufstellung des Haushalts. Die Anforderungen an die Kommunen wachsen stetig. Leider halten die finanziellen Zuwendungen nicht im Ansatz mit den Kosten Schritt, die den Kommunen für die Bewältigung der ihnen übertragenen Aufgaben zur Verfügung gestellt werden. Die Situation ist dynamisch, ständig ändern sich Rahmenbedingungen und erfordern Anpassung der Planungen. Unter diesen Umständen einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen, ist extrem schwierig. Wir schätzen diese Arbeit und den Einsatz der Mitarbeitenden wert, auch wenn wir dem Ergebnis nicht zustimmen können.

Seit vielen Jahren beklagen wir, die Fraktion Die Linke, dass die kommunale Ebene strukturell unterfinanziert ist. Die Finanzprobleme, denen wir uns ausgesetzt sehen, sind nicht hausgemacht. Dank guter Gewerbesteuereinnahmen ist Wesel lange Zeit deutlich besser zurechtgekommen als andere Städte und Gemeinden. Vor diesem Hintergrund war unsere Fraktion lange die Einzige, die vehement eine Beseitigung der Ursachen für die finanzielle Misere gefordert hat. Die Mehrheit hier im Rat ist in Parteien organisiert, die seit vielen Jahren an der Landes- und/oder Bundesregierung beteiligt waren oder aktuell sind. Ihre Parteikolleginnen und Kollegen in Landes- und Bundesregierung und im Landtag und Bundestag haben und hätten es schon lange in der Hand gehabt, diese Schieflage zu beenden. Die derzeitige Situation gefährdet die kommunale Selbstverwaltung, weil sie die Kommunen ihrer Entscheidungs- und Gestaltungsmöglichkeiten beraubt und sie dadurch in ihren Hoheitsrechten beschneidet.

Der Eigenbetrieb ASG hat in der Stadt einen guten Ruf und wird auch aus den Reihen der Politik für seinen Einsatz gelobt. Umso unverständlicher ist es für uns, dass sowohl die dafür erforderlichen Stellen als auch die Geldmittel verweigert werden. Die Betriebsleitung hat ausführlich und nachvollziehbar dargelegt, welche Aufgaben zu bewältigen sind, dass zusätzliches Personal dafür benötigt wird, dass für neue Anforderungen Schulungen durchgeführt und neue Gerätschaften angeschafft werden müssen. Dabei geht es nicht nur darum, die Stadt hübsch aussehen zu lassen. Es geht um Verkehrssicherheit, es geht um klimaangepasste Grünflächenpflege, es geht um den Erhalt von Biodiversität, es geht um den Erhalt der städtischen Infrastruktur und des städtischen Vermögens durch geeignete Straßenunterhaltungsmaßnahmen. Die Diskussion dazu im Betriebsausschuss und die Weigerung, entsprechende Stellen einzurichten und Mittel bereitzustellen, sind ein Schlag ins Gesicht der Mitarbeitenden des ASG. Dass in den letzten Jahren der ASG oft mit positivem Ergebnis abgeschlossen und Geld in den städtischen Haushalt gespült hat, ist zum großen Teil der Tatsache geschuldet, dass Stellen zeitweise vakant waren und die Mitarbeitenden das durch ihr Engagement weitestgehend aufgefangen haben. Es wird ihnen nicht gedankt!

Als positiv bewerten wir, dass der Rat trotz schwieriger Haushaltslage an den Kernpunkten der Schulraumentwicklungsplanung festhält. Dass die Umsetzung zeitlich gestreckt wird, liegt nicht nur am Geld, sondern zu einem guten Teil an der Situation im Baugewerbe. Was wir aber für einen fatalen Fehler halten, ist die Reduzierung der Umweltstandards im Bereich Bau und Sanierung auf das gesetzlich vorgeschriebene Mindestmaß. Zu sagen, man könne über höhere Standards nachdenken, wenn die Finanzlage besser ist, ist nicht zielführend. Maßnahmen, die jetzt mit niedrigerem Standard durchgeführt werden, werden dann nicht wieder in Angriff genommen. Das wäre weder nachhaltig noch ökonomisch sinnvoll. Das bedeutet, dass es auf Jahrzehnte bei dem niedrigeren oder treffender gesagt schlechteren Standard bleiben wird.

Auch die Beschränkung von Maßnahmen aus dem klimaorientierten Mobilitätskonzept aufgrund der Kassenlage halten wir in mehrerlei Hinsicht für einen großen Fehler. Der motorisierte Individualverkehr trägt massiv zum CO2-Ausstoß bei und hat daneben noch viele andere unschöne Konsequenzen, wie eine hohe Verkehrsdichte, damit verbundene erhöhte Unfallgefahr, hohen Parkraumbedarf, usw. Um die Menschen zum Verzicht auf die Nutzung ihres eigenen PKW zu bewegen, muss man ihnen eine attraktive Alternativen anbieten. Als Bonus würden von einem gut ausgebauten ÖPNV auch diejenigen profitieren, die nicht auf ein Auto zurückgreifen können oder wollen.

Ende 2020 hat sich die Ratsmehrheit aus gutem Grund anspruchsvolle Ziele zur Klimaneutralität der Verwaltung und der Stadt gesetzt. Schon lange treffen die Folgen des Klimawandels nicht mehr nur weit entfernte Regionen der Welt. Im Juli 2021 forderte die Hochwasser-Katastrophe im Ahrtal viele Menschenleben. Die materiellen Schäden waren immens und sind noch immer nicht vollständig behoben. In den letzten Monaten kam es im Wochentakt zu Starkregenereignissen in vielen Teilen Europas. Über die verheerenden Überschwemmungen in der spanischen Region Valencia wurde noch ausführlich in den Medien informiert. Seitdem gab es Starkregenereignisse in Griechenland, Schottland, Wales, Frankreich, über die nur noch mit ein paar Zeilen unter Vermischtes berichtet wurde. Alle, die eine Sachversicherung für ihr Auto oder Haus haben, können die Auswirkungen solcher Schadensereignisse schon jetzt an ihren Versicherungsrechnungen ablesen. Der Klimawandel zerstört nicht nur materielle Werte und Menschenleben. Er zerstört in vielen Teilen der Erde auch die Grundlage für menschliches Leben und wird zu nie dagewesenen Wanderungsbewegungen führen. Auch bei uns machen sich Veränderungen bemerkbar. Begünstigt durch den Klimawandel hat sich in Süddeutschland eine Zikade ausgebreitet, gegen die es kein Mittel gibt und die bei Wurzelgemüse wie Kartoffeln oder Möhren bereits zu großen Ernteverlusten führt. Das sind nur einige weniger Beispiele.

Maßnahmen zum Umweltschutz und zur Erreichung der Klimaneutralität kann man nicht für ein paar Jahre aussetzen, weil das Geld knapp ist. Mit dem Klima kann man nicht verhandeln. Das ist Physik und unterliegt den Naturgesetzen. Die Finanzlage der Stadt ist schwierig. Es ist aber nicht die Lösung, zu sparen – koste es, was es wolle. Und es kostet! Studien belegen, dass für jeden Euro, der nicht für Klimaschutz investiert wird, mindestens 10 Euro an Folgekosten entstehen. Nebenbei zerstören wir dabei unsere Zukunft und die Zukunft nachfolgender Generationen.

Uns ist in der Vergangenheit vorgeworfen worden, wir würde keine Verantwortung übernehmen, wenn wir einem Haushaltsentwurf nicht zustimmen. Was für eine seltsame Definition von Verantwortung! Wenn hier Dinge zur Beschlussfassung vorgelegt werden, die wir für falsch für die Stadt und die hier lebenden Menschen halten, ist es unsere Verantwortung, uns dagegen zu positionieren. Deshalb werden wir den Haushaltsentwurf ablehnen.

 

Barbara Wagner

Fraktionssprecherin